Mieses

Mieses, Jacques (1865-1954)

Jacques Mieses wurde als Jakob Mieses am 27.2.1865 in Leipzig als Sproß einer Kaufmannsfamilie geboren, änderte aber später seinen Namen in Jacques, weil das  eleganter klang. Er studierte Pädagogik in Leipzig und Berlin und begann 1888 beim Leipziger Turnier seine Karriere als Schachmeister.

Mieses emigrierte kurz vor dem Zweiten Weltkrieg nach England und nahm Ende der 40er Jahre die britische Staatsbürgerschaft an, weswegen er auch als erster britischer Großmeister gilt. Der erste in Großbritannien geborene Großmeister war übrigens der kürzlich verstorbene Tony Miles.

Mieses leitete eine Reihe von internationalen Turnieren als Schiedsrichter und betätigte sich auch journalistisch. Er schrieb Schachspalten und Turnierberichte für  Zeitungen in ganz Europa. Wie viele Großmeister gab er auch Blind- und Simultanvorstellungen; einmal soll er binnen fünf Tagen insgesamt 99 Blindpartien  absolviert haben, von denen er 71 gewann und 28 remisierte! Auch als Organisator von Turnieren trat er in Erscheinung, z. B. 1911 in San Sebastian, wo  er erstmals durchsetzte, daß die Meisterspieler für Anreise und Unterkunft nicht selber aufzukommen hatten.

1950 verlieh ihm der Weltschachbund FIDE rückwirkend gemeinsam mit Bernstein, Boleslawsky, Bondarewsky, Botwinnik, Bronstein, Duras, Euwe, Fine, Flohr, Grünfeld, Keres, Kostic, Kotow, Löwenfisch, Lilienthal, Maroczy, Najdorf, Ragosin, Reschewsky, Rubinstein, Sämisch, Smyslow, Stahlberg, Szabo, Tartakower und Vidmar den Großmeistertitel.

Er starb kurz vor seinem 89. Geburtstag am 23.2.1954 in London.

Turniere und Wettkämpfe

Jacques Mieses hält den Rekord für die aktive Teilnahme an (internationalen/Meister-) Turnieren. Zwischen 1888 und 1948 spielte er auf über 60 großen Schachturnieren. Er gewann mit seinem vom Amerikaner Paul Morphy beeinflußten  aggressiven Angriffsstil eine große Zahl an Schönheitspreisen. In der Chessbase MegaBase 2001 finden sich übrigens fünf Partien, die Mieses 1867 gegen Adolf Anderssen in Breslau gespielt haben soll! Für einen Zweijährigen ein mutiges Unterfangen!

  • Leipzig 1888 3.
  • 6. DSB-Kongreß 1889 3.
  • Leipzig 1889/90, Wettkampf gegen Emanuel Lasker -5 +0 =3
  • Glasgow 1895, Wettkampf gegen Jean Taubenhaus
  • Hastings 1895
  • Paris 1895, Wettkampf gegen David Janowski
  • Paris 1900 Schönheitspreis
  • Monte Carlo 1901 Schönheitspreis
  • 13. DSB-Kongreß 1902
  • Cambridge Springs 1904
  • Barmen 1905
  • Karlsbad 1907 16.-18.
  • Ostende 1907 3.-4.
  • Wien 1907 Sieger
  • Prag 1908
  • St. Petersburg 1909
  • Regensburg 1910, Wettkampf gegen Rudolf Spielmann -5 +1 =2
  • Scheveningen 1913
  • Berlin 1916, Wettkampf gegen Siegbert Tarrasch -7 +2 =4, der Siegerpreis (im 1. Weltkrieg) war angeblich ein halbes Pfund Butter!
  • Berlin 1920
  • Göteborg 1920
  • Den Haag 1921
  • Liverpool 1923 Sieger
  • Baden-Baden 1925
  • Bad Kissingen 1928
  • Swinemünde 1932
  • Margate 1935
  • Hastings 1945/46 Schönheitspreis

Bibliographie

  • Lehrbuch des Schachspiels, Mieses fungierte nach dessen Tod als Herausgeber des ursprünglich von Jean Dufresne verfaßten Werks
  • Taschenbuch des Endspiels
  • Mitherausgeber mehrerer Turnierbücher Kongresse des Dt. Schachbundes, San Sebastian etc.
  • Handbuch des Schachspiels, Mieses editierte die achte Ausgabe von Bilguers Klassiker
  • Das Blindspielen
  • Der Schachlotse
  • Wie erlernt man schnell und leicht das Schachspiel?
  • Eröffnungsbücher zur Französischen und Skandinavischen Partie
  • Moderne Endspielstudien ausgewählt für die Zwecke des praktischen Spiels
  • Das Endspiel in der modernen Meisterpraxis

Für den antiquarischen Erwerb von Mieses’ Büchern sei auf das Angebot der Firma Abebooks verwiesen. Nur das Lehrbuch des Schachspiels ist wohl noch allgemein im Buchhandel erhältlich.

Anekdoten

Als 84-jähriger traf Mieses auf den zwei Jahre älteren holländischen Meister van Foreest. Als er die Partie gewonnen hatte, stand Mieses auf und sagte stolz: “Die Jugend hat gesiegt!”

Auf einer Simultantournee durch England trat ein Zuschauer vor dem Wettkampf auf Mieses zu und fragte ihn: “Are you Mister Meises?”, woraufhin der Angesprochene empört erwiderte: “No, I am not Mister Meises, I am Meister Mieses!”

Prophetisches

In der November 1939 erschienenen Ausgabe des British Chess Magazine äußerte sich Jacques Mieses wie folgt zur Zukunft des Meisterschachs:

“It is my opinion that already nowadays the standard of the art of chess is so high, that a considerable advance from the theoretical point of view seems to be hardly possible. I doubt if there will appear any modern Philidors and Steinitzes preaching new ideas in chess. Should the grandmasters of future times be better than ours, it would be probably only for their superior technique. Thus even for the leading masters of the modern generation there  is little left for improvement, since they are no doubt much nearer to their culmination than my generation had been when at the same age.”

Partien von Jacques Mieses